Warum man kein Experte sein muss, um in Aktien zu investieren

Wenn wir uns an die Ergebnisse der Studie aus dem Artikel „Alles nur Märchen? Zur Aktienkultur in Deutschland“ erinnern, finden wir viele Aussagen wie:

Diese Aussagen beruhen meist auf geerbten Ansichten oder auf fehlender Neugier und Trägheit.

Zeit ist tatsächlich Geld

Besonders das Argument, dass man bis jetzt keine Zeit hatte, widerspricht jeder Rationalität und Logik. Mit Blick auf den Zinseszinseffekt ist Zeit tatsächlich Geld. Zahlreiche Artikel behandeln ihn und auch im Mathematikunterricht steht er als exponentielles Wachstum auf dem Lehrplan. Warum nutzen wir diesen Effekt dann nicht?

Der Grund dafür kann nur die fehlende direkte Erfahrung sein. Anleger, die auf herkömmliche Sparprodukte vertrauen, haben diesen Effekt in Zeiten der Niedrigzinsen nie erleben dürfen. Den Zinseszins in Graphen darzustellen, hat wahrscheinlich noch nie jemanden dazu gebracht, sofort Geld in Aktien anlegen zu wollen. Aber exponentielles Wachstum findet man auch in anderen Kontexten, beispielsweise der Entwicklung der menschlichen Bevölkerung. Im Jahre 2100 werden wahrscheinlich zwischen 9,4 und 12,7 Milliarden Menschen auf der Erde leben. 1950 waren es knapp unter 3 Milliarden. Ein weiteres Beispiel ist der sogenannte Netzwerk-Effekt. Dieser macht soziale Plattformen wie Facebook und WhatsApp erst attraktiv. Für einen Nutzer ergibt es erst Sinn diese Kommunikationskanäle zu nutzen, wenn Bekannte und Freunde auch dabei sind. Also lädt man sie ein. Das Netzwerk wächst auf 500 Menschen an, die jeweils 50 Menschen einladen. So sind es 25.000 Teilnehmer, die wiederum 50 Leute einladen. Damit kommt man auf insgesamt über 1,2 Millionen Teilnehmer.

Die Logik hinter exponentiellem Wachstum ist simpel: Mit jedem einzelnen Schritt, den etwas wächst, wird die Basis größer, auf der es wächst.

Bei einer Anlage von 10.000 € bei 8 % p. a. ergeben sich im ersten Jahr 800 € Ertrag. Bei gleichem Wachstum verzinsen sich im nächsten Jahr 10.800 €, ohne jegliches Hinzutun. Erweitert man dieses Szenario mit den entsprechenden Zahlen auf 15 Jahre, entstehen so 31.721,69 €, bei einmaliger Anlage dieser 10.000 € und gleichbleibendem Ertrag.

Technologie macht die Anlage in Aktien nahezu alternativlos

Diese Erkenntnis in die Tat umzusetzen – also einen Vertrag abzuschließen oder ein Depot zu eröffnen – wird von den Studienteilnehmern als mühsam beschrieben. Diese Aussagen sind jedoch in Zeiten von Beratungsdienstleistungen auf zahlreichen Kanälen durch Makler und Finanzberater nicht mehr haltbar. Die Technologie nimmt uns viel der ehemals mühseligen und bürokratischen Arbeit ab. Zudem sorgt sie dafür, dass die Gebühren niedriger ausfallen, da der Handel stetig automatisiert wurde und wird.

Ein pauschaler Vergleich von Depotgebühren zeigt, dass sich die durchschnittlichen Kosten bei einem Sparplan mit 100 € monatlich auf 1,50 € bis 1,75 € belaufen. Bei Versicherungsverträgen sind die Kosten im Beitrag enthalten und nehmen mit der Laufzeit des Vertrages stetig ab.

Die Kostenstruktur bei Girokonten ist sehr undurchsichtig, es lässt sich hier kein Durchschnitt bilden. Allerdings lässt sich die Tendenz zu einer Gebührenerhöhung feststellen. Sparkassen, Volksbanken und auch private Institute haben eine Infrastruktur, die Kosten verursacht. Diese Kosten zu erwirtschaften wird immer schwerer. Deshalb werden sie oft weitergereicht. Zu beachten ist jedoch, dass ein Girokonto keine Wertentwicklung aufweist, jedenfalls keine positive. Diese negative Wertentwicklung muss man auf die Kontoführungsgebühren addieren. Und dann kommt noch die Geldentwertung in Form der Inflation von circa 1,5 % bis 2 % p. a. dazu. So ergibt sich ein ernüchterndes Bild bei der „Anlage“ auf dem Konto, bei dem die investierende Person zwangsweise nur Geld verlieren wird.

Die Angst, nicht genug zu wissen

Das fehlende Wissen lässt sich aus ähnlichen, leicht zu wiederlegenden Gründen nicht als Gegenargument zählen. Es existieren diverse Quellen, aus denen man die benötigten Kenntnisse schöpfen kann. Die meisten Personen müssen jedoch relativ viel Zeit aufwenden, um ein solides Verständnis zu erhalten. Davon abgesehen sind umfangreiche Kenntnisse als Privatanleger nicht unbedingt erforderlich. Das können besser Vermittler übernehmen. Was aber jeder wissen sollte: Die wenigsten müssen und sollten sich auf eine Handvoll Aktien konzentrieren und diese analysieren. Das Risiko einer Einzelanlage ist meist schlicht zu hoch.

Mehr ist häufig besser

Eine Bandbreite an Unternehmen und Branchen abzudecken, eliminiert den größten Teil des Risikos. Gleichzeitig bleibt die Ertragskraft überwiegend erhalten. Diese Vorgehensweise nennt sich Diversifikation. Sie bezieht sich auf die Streuung des Risikos auf viele unterschiedliche Unternehmensaktien, oder auch andere Wertpapiere, sprich ein Portfolio aus Anlagen. So lassen sich Schwankungen einzelner Wirtschaftszweige und Anlagearten dämpfen. Alles in allem ist es also nicht zwingend notwendig, sich zum Investmentspezialisten auszubilden. Denn durch die Diversifikation kann sich eine bereits äußerst zufriedenstellende Entwicklung ergeben.

Eine sorgfältige anfängliche Beratung und Geduld im weiteren Verlauf der Wertentwicklung sind in diesem Fall Gold wert. Mit dem Verlauf des Investments beschäftigen wir uns im nächsten Artikel. Und in diesem Zusammenhang auch mit der damit verbundenen Angst und Nervosität.


Lesen Sie den nächsten Artikel:

„Aktien – der böse Wolf im Schafspelz?“

Wie hat Ihnen dieser Artikel gefallen?

Klicken Sie auf einen Stern, um den Beitrag zu bewerten!