Die Zielgruppe im Blick
Gastbeitrag von Philip Wenzel
Schwächen können Stärken sein – auf die Perspektive kommt es an. Das trifft auch auf manche Versicherungsprodukte zu. Sie scheinen auf den ersten Blick einen offensichtlichen Mangel zu haben. Doch wenn man genauer hinschaut, entpuppt sich das scheinbare Defizit als Vorteil: Ein Beispiel dafür ist die selbstständige Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) der Canada Life. Ihr scheinbarer Mangel: Selbst in der neuen Auflage zum 1. Januar 2019 gibt es keine Arbeitsunfähigkeitsklausel (AU-Klausel), die bereits bei einer Krankschreibung über sechs Monate leisten würde.
Entweder AU-Klausel oder KTG
Doch das relativiert sich sehr schnell, wenn man einen zweiten Blick riskiert – und zwar auf die Zielgruppe. So weist der neue Tarif auffällig viele Besonderheiten für Selbstständige auf, die besser keine AU-Klausel in ihrer BU haben sollten. Diese würde sich negativ auf das Krankentagegeld (KTG) auswirken, das Selbstständige normalerweise versichert haben. Nicht nur, dass die AU-Klausel dem KTG-Versicherer gemeldet werden müsste. Vor allem gibt es noch kein Urteil, wie sich die Leistungen aus der Klausel und dem KTG zueinander verhalten. Deswegen sollte man besser nur die AU-Klausel oder nur das KTG abschließen.
Vorteile der BU für Selbstständige:
- Bereits bei der konkreten Verweisung geht der Tarif explizit auf Selbstständige ein und definiert, dass die Einbuße von 20 % für den Gewinn vor Steuern gilt. Diese Grenze der Zumutbarkeit ist auch für die Umorganisation klar definiert. Bei sich ändernder Rechtsprechung würde Canada Life auf den für den Kunden günstigeren Prozentsatz zurückgreifen.
- Der Tarif verzichtet auf die Umorganisation bei weniger als fünf Mitarbeitern oder 90 % Bürotätigkeit und akademischem Abschluss.
- Von Vorteil für erfolgreiche Selbstständige oder ambitionierte Start-ups ist die Begrenzung der Erhöhungsoption auf 10.000 € monatliche Rente. Der Markt liegt hier bei 2.500 € – das ist eventuell ein Argument für den einen oder anderen Geschäftsführer.
- Ebenfalls außergewöhnlich ist die Übergangsleistung der BU-Rente.
- Stellt der KTG-Versicherer seine Leistung ein, weil nach seiner Definition BU vorliegt, wird die gezahlte Rente nur zurückgefordert, wenn der Versicherte während dieses Zeitraums wieder Leistung aus dem KTG bezöge.
- Die Klausel greift auch dann, wenn die gesetzliche Krankenversicherung die Leistung wegen BU einstellt.
- Im Leistungsfall gibt es keine Meldefristen. Ärztliche Untersuchungen dürfen auch im Ausland stattfinden, wenn sie den deutschen Standards entsprechen.
- Der Versicherer verzichtet auf die Meldepflicht einer gesundheitlichen Verbesserung und zusätzlich auch auf die Wiederaufnahme einer Arbeit. Das ist sehr selten am Markt.
- Canada Life berät Selbstständige im Leistungsfall bei der Umorganisation.
Das Fazit: Vermittler sollten bei der selbstständigen BU von Canada Life immer ihre Zielgruppe im Blick haben.