Die Tücken des Erbrechts: mit Testament, Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung richtig vorsorgen

Gastbeitrag von Dr. Cathrin Krämer

Im letzten Beitrag „Die Tücken des Erbrechts und wie man sie umgeht“ wurden die erbrechtlichen Grundlagen dargestellt, die benötigt werden, um die eigene Nachfolge richtig zu regeln. Im heutigen Beitrag geht es darum, Ihnen die Grundlagen der Testamentsgestaltung näherzubringen und die Bedeutung von Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung zu erklären.

Dr. Cathrin Krämer, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Erbrecht bei Mazars Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Grundlagen der Testamentsgestaltung

Der Gesetzgeber hat vorgesehen, dass jeder Volljährige ein Testament errichten kann, ohne dass das Testament notariell beurkundet werden muss, um wirksam zu sein. Damit ein Testament aber wirksam ist, muss es bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Diese hängen wiederum davon ab, welche Testamentsform gewählt wird.

Einseitiges eigenhändiges Testament

Ein einseitiges Testament wird von einer Person errichtet, die dort ihre Nachfolge regelt. Für die Wirksamkeit dieses Testaments sind zwei Anforderungen zwingend zu beachten:

Das Testament muss

Werden diese Vorgaben nicht beachtet, ist das Testament unwirksam. Das heißt, es gilt ein früheres, bereits errichtetes Testament oder, wenn es ein solches nicht gibt, die gesetzliche Erbfolge. Zudem sollten Ort und Datum der Testamentserrichtung festgehalten werden.

Unterschrieben werden sollte mit dem ganzen Namen. Werden Begünstigte benannt wie ein Erbe oder Vermächtnisnehmer, sollten diese mit den richtigen Namen, mit Geburtsdatum und gegebenenfalls dem derzeitigen Wohnort genannt und keinesfalls mit deren Spitznamen bezeichnet werden.

Worin unterscheiden sich Erben und Vermächtnisnehmer?

Ein Erbe tritt an die Stelle des Verstorbenen. Er ist sein wirtschaftlicher und rechtlicher Nachfolger und übernimmt damit alle seine Rechte und Pflichten. Er erbt also nicht nur Vermögensgegenstände, sondern auch Schulden und Verpflichtungen wie zum Beispiel Darlehensverbindlichkeiten. Ein Vermächtnisnehmer hingegen hat keinen Erbanspruch. Er erhält lediglich einen Teil des Nachlasses – ein sogenanntes Vermächtnis. Mit dem Tod bekommt der Vermächtnisnehmer die Gegenstände jedoch nicht automatisch. Er muss sie vom Erben herausverlangen.

In jedem Testament muss mindestens ein Erbe eingesetzt werden. Zusätzlich können Vermächtnisse, Auflagen und Teilungsanordnungen verfügt, ein Testamentsvollstrecker bestimmt, eine Rechtswahl getroffen und frühere Testamente widerrufen werden.

Mittels einer Auflage kann der Erblasser einen Begünstigten im Testament dazu anhalten, eine bestimmte Leistung oder Handlung vorzunehmen. „Auflagenklassiker“ sind die Verpflichtung des Erben, sich um die Haustiere des Erblassers nach seinem Tod zu kümmern, eine Erinnerungstafel an einem Haus oder Gegenstand anzubringen oder einem gemeinnützigen Verein eine Spende zu machen. Im Unterschied zum Vermächtnis hat der Begünstigte einer Auflage, in unserem Fall der gemeinnützige Verein, aber keinen Anspruch auf die Zuwendung. Er ist darauf angewiesen, dass der Erbe diese von sich aus erfüllt. Eine Auflage ist daher ein schwaches Instrument. Es sollte nur gewählt werden, wenn die Anordnung eines Vermächtnisses nicht sinnvoll ist.

Möchte der Erblasser sicherstellen, dass seine Anordnungen nach seinem Tod auch tatsächlich vollzogen werden, kann er einen Testamentsvollstrecker bestimmen. Mittels Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis kann der Erblasser festlegen, welcher Erbe welchen Vermögensgegenstand bekommen soll.

Worin unterscheiden sich Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis?

Mittels Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis kann der Erblasser Nachlassgegenstände unter den Erben aufteilen. Bei einer Teilungsanordnung werden einzelne Gegenstände an die Erben verteilt. Erhält aber ein Erbe durch die Teilungsanordnung mehr als das, was er aufgrund seiner Erbquote erhalten würde, muss er den übrigen Erben gegenüber einen Ausgleich bezahlen, sodass am Ende jeder Erbe nur Vermögen in Höhe seiner Erbquote erhält. Anders ist es beim sogenannten Vorausvermächtnis. Hier erhält der Erbe zusätzlich zu seinem Erbteil ein Vermächtnis. Er wird im Vergleich zu den übrigen Miterben begünstigt. Ein Ausgleich muss zwischen den Erben nicht erfolgen.

Praxistipp: In der Praxis führen mehrdeutige Formulierungen häufig zu erheblichen Konflikten, sowohl mit dem Gericht als auch unter den Begünstigten und den Pflichtteilsberechtigten. Zweideutige Formulierungen müssen ausgelegt werden und können so zu einem Ergebnis führen, das der Erblasser nicht gewollt hat.

Um diese Konflikte zu umgehen, gilt, egal, welche Testamentsform gewählt wird:

Gemeinschaftliches Testament

Neben einem einseitigen Testament gibt es, ausschließlich für Ehegatten bzw. eingetragene Lebenspartner, die Möglichkeit, ein gemeinschaftliches Testament in Form eines einzigen Dokuments aufzusetzen. Obwohl normalerweise ein Erblasser sein Testament immer selbst schreiben und eigenhändig unterschreiben muss, genügt es hier, wenn ein Ehegatte das Testament eigenhändig schreibt und beide Ehegatten es eigenhändig unterschreiben. In einem gemeinschaftlichen Testament kann jeder Ehegatte über sein eigenes Vermögen verfügen. Zusätzlich gibt es aber die Möglichkeit, beispielsweise ein sogenanntes Berliner Testament zu errichten. Dabei setzen sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben ein. Nach dem Tod des überlebenden Ehegatten werden Schlusserben eingesetzt, häufig die gemeinsamen Kinder. Die Besonderheit des Berliner Testaments liegt in seiner Bindungswirkung. Sobald das gemeinschaftliche Testament errichtet ist, entfaltet es eine Bindungswirkung. Es kann nicht mehr heimlich von einem Ehegatten geändert werden, sondern nur noch von beiden gemeinsam. Nach dem Tod des ersten Ehegatten ist der überlebende Ehegatte an das Testament gebunden. Jedes neu errichtete Testament ist unwirksam. Er kann sich nur davon lösen, wenn er die Erbschaft ganz ausschlägt.

Erbvertrag

Die gleiche Wirkung wie ein gemeinschaftliches Testament hat ein Erbvertrag. Er kann von jedermann geschlossen werden. Ein Erbvertrag wird wie jeder Vertrag zwischen mindestens zwei Personen geschlossen und enthält letztwillige Verfügungen, also Erbeinsetzungen (Bestimmung der Erben), Vermächtnisse etc. Wurde er geschlossen, tritt eine Bindungswirkung ein, die wie bei einem gemeinschaftlichen Testament dazu führt, dass die Vertragspartner die Vereinbarungen nicht mehr einseitig ändern können. Für seine Wirksamkeit muss der Erbvertrag aber unbedingt notariell beurkundet werden.

Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung

Krankheitsfälle und Unfälle kommen meistens sehr unerwartet. Beides kann dazu führen, dass Sie vielleicht keine eigenen Entscheidungen mehr treffen können. Hat man sich für den Fall der Fälle nicht vorbereitet, müssen andere, vom Gericht bestimmte Personen, Entscheidungen für Sie über Ihr Vermögen und vielleicht sogar über Ihr Leben treffen. Damit Ihnen das nicht passiert und Sie bis zum Ende selbst die „Zügel in der Hand halten“, hat der Gesetzgeber die Möglichkeit eröffnet, Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen zu errichten. Die Vorsorgevollmacht ermöglicht Ihnen, eine Person Ihres Vertrauens einzusetzen und dieser für den Fall, dass Sie selbst nicht mehr entscheiden können, die Erledigung Ihrer Angelegenheiten zu übertragen. Mithilfe der Patientenverfügung können Sie dem Bevollmächtigten Ihre Wünsche hinsichtlich lebensverlängernder Maßnahmen, Organspende oder dem Sterbeort mitteilen.

Praxishinweis: Am 1. Januar 2023 tritt das neue Betreuungsrecht in Kraft. Bisher besteht im Krankheitsfall keine gesetzliche Vertretungsmacht von Ehegatten untereinander oder von Eltern gegenüber ihren Kindern bzw. umgekehrt. Das ändert sich nun mit dem neuen Betreuungsrecht. Es wird ein gesetzliches Notvertretungsrecht für Ehegatten eingeführt. Dieses berechtigt einen Ehegatten, für den anderen Ehegatten Angelegenheiten der Gesundheitssorge zu erledigen, weil er diese aufgrund einer akut eingetretenen gesundheitlichen Beeinträchtigung wie Unfall oder Krankheit nicht selbst erledigen kann. Eine Vorsorgevollmacht ist dennoch auch bei Ehegatten weiterhin erforderlich, da das Notvertretungsrecht auf medizinische Angelegenheiten und einen Zeitraum von 3 Monaten begrenzt ist. Ein Vertretungsrecht für Kinder und andere nahestehende Personen kann weiterhin nur mithilfe einer Vorsorgevollmacht begründet werden.

Inhalt der Vorsorgevollmacht

Mit einer Vorsorgevollmacht können Sie festlegen, in welchen Bereichen Sie durch einen Bevollmächtigten vertreten werden sollen. In Betracht kommen:

Den Umfang der Vollmacht können Sie frei bestimmen. Es empfiehlt sich in der Regel eine umfassende Bevollmächtigung, damit die bevollmächtigte Person auch alle denkbaren Angelegenheiten erledigen kann und handlungsfähig bleibt. Für die Bereiche, für die keine Vorsorgevollmacht erteilt worden ist, wird ein rechtlicher Betreuer angeordnet.

Geregelt werden sollte zudem Ihr rechtliches Verhältnis zu Ihrem Bevollmächtigten. Besonders wichtig sind dabei Regelungen im Hinblick auf eine Vergütung des Bevollmächtigten, dessen Haftung sowie seine Auskunfts- und Rechenschaftspflichten.

Form

Obwohl das Gesetz für die Wirksamkeit einer Vollmacht keine Formerfordernisse wie eine Beurkundung vorgesehen hat, sollten die nachfolgenden Hinweise unbedingt beachtet werden:

Praxistipp: Wir empfehlen Ihnen, die Unterschrift unter der Vorsorgevollmacht immer notariell zu beglaubigen. Durch die Beglaubigung wird die Echtheit Ihrer Unterschrift bestätigt.

Vorsicht vor Missbrauch

Mit einer Vorsorgevollmacht kann der Bevollmächtigte im Rechtsverkehr uneingeschränkt handeln. Das führt manchmal leider dazu, dass die Vollmacht missbraucht wird, indem ein Bevollmächtigter beispielsweise Geld für eigene Zwecke von dem Konto des Vertretenen abhebt. Obwohl dem Bevollmächtigten dieses Verhalten nicht erlaubt ist und er dem Vollmachtgeber und dessen Erben zu Schadensersatz verpflichtet ist, ist die Abhebung dennoch wirksam erfolgt. Als Bevollmächtigte sollten Sie daher unbedingt nur Personen bestimmen, denen Sie uneingeschränkt vertrauen.

Inhalt der Patientenverfügung

Von der Vorsorgevollmacht zu unterscheiden ist die Patientenverfügung. Eine Patientenverfügung ermöglicht Ihnen, vorab über das „Ob“ und das „Wie“ medizinischer Maßnahmen zu entscheiden. Damit können Sie frühzeitig festlegen, wie und auf welche Weise Sie behandelt werden möchten, wenn Sie selbst zu einem zukünftigen Zeitpunkt nicht mehr in der Lage sind, ihren Willen zu äußern.

In der Patientenverfügung sind die möglichen Situationen und die dann gewünschten oder nicht gewünschten Behandlungen zu beschreiben. Die Patientenverfügung richtet sich in erster Linie an Ihren Bevollmächtigten und die Ärztin oder den Arzt und das Behandlungsteam. Insbesondere können Sie in Ihrer Patientenverfügung konkrete Anweisungen zu den folgenden Themen erteilen:

Außerdem können Sie persönliche Wertvorstellungen, Einstellungen zum eigenen Leben und Sterben und religiöse Anschauungen in die Patientenverfügung aufnehmen. Dies kann als Ergänzung und Auslegungshilfe Ihrer Patientenverfügung dienen.

Form

Bei der Erstellung einer Patientenverfügung sind folgende Vorgaben zwingend zu beachten:

Besonders wichtig ist, dass die Patientenverfügung klar und eindeutig formuliert ist. Allgemeine Formulierungen, wie zum Beispiel „keine lebenserhaltenen Maßnahmen“, müssen vermieden werden. Beschreiben Sie deshalb möglichst konkret, in welchen persönlichen Situationen Ihre Patientenverfügung gelten soll und welche Behandlungswünsche Sie in diesen Situationen haben.

Praxistipp: Bevor Sie eine schriftliche Patientenverfügung verfassen, ist es ratsam, sich von einer fachkundigen Person beraten zu lassen. Außerdem sorgt eine fachkundige Beratung dafür, Widersprüche zwischen einzelnen Festlegungen zu vermeiden.

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