
Altersvorsorge in Zeiten von Unsicherheit und Zöllen: Was Anleger jetzt tun sollten
Gastbeitrag von Dr. Klaus Mühlbauer
Das Zollexperiment der amerikanischen Regierung ist historisch beispiellos. Mit neuen Importzöllen soll das Handelsbilanzdefizit verringert und gleichzeitig der Staatshaushalt entlastet werden – ob das gelingt, bleibt fraglich. Was jedoch sicher ist: Anleger reagieren zunehmend verunsichert. Dr. Klaus Mühlbauer, Experte für Kapitalmarktseminare, analysiert die volkswirtschaftlichen Hintergründe und zeigt auf, warum Fondspolicen in dieser Situation ein wertvolles Instrument sein können.

Dr. Klaus Mühlbauer ist Kapitalmarktexperte mit langjähriger Börsen- und Vertriebserfahrung. Seit 2013 ist er als selbstständiger Unternehmensberater, Buchautor und Referent für Kapitalmarktseminare tätig. In unserem Online-Magazin beleuchtet er den Finanzmarkt und teilt sein Investment-Know-how.
Zölle statt Steuern?
Donald Trumps Begeisterung für Zölle ist kein neues Phänomen. Schon 1987 sprach er sich in Zeitungsanzeigen für Strafzölle – damals gegen Japan – aus.1 Sein aktueller wirtschaftspolitischer Kurs folgt dem Drehbuch von Stephen Miran, dem obersten Wirtschaftsberater und Autor des Strategiepapiers „A User’s Guide to Restructuring the Global Trading System“ (2024).2
Die US-Regierung verfolgt mit Zöllen 2 zentrale Ziele:
- Reduktion des Handelsbilanzdefizit – durch erhöhten Verhandlungsdruck auf Handelspartner
- Abbau der Staatsverschuldung – durch Zolleinnahmen als Ersatz für Steuern
Obwohl die USA wirtschaftlich und militärisch in einer starken Verhandlungsposition sind, bleibt die Handelsbilanz negativ – und die fiskalischen Effekte überschaubar:3
US-Haushalt – Einnahmen, Ausgaben und Zolleinnahmen
US-Haushalt | 2024 (in Mrd. USD) | 2025e (in Mrd. USD) | 2026 e (in Mrd. USD) |
---|---|---|---|
Staatseinnahmen | 8.720,2 | 9.119,5 | 9.662,9 |
Staatsausgaben | 10.945,5 | 11.341,2 | 11.790,7 |
Zolleinnahmen | 88,1 | 91,2 – 730,0* | ??? |
Donald Trump sprach kürzlich von täglich 2 Mrd. USD Zolleinnahmen. Die offiziellen Zahlen der Zollbehörde liegen allerdings bei etwa 250 Mio. USD pro Tag – ein deutlicher Unterschied.
Der US-Dollar als strategisches Element
Der Dollar ist als Leitwährung zentraler Bestandteil der US-Handelsstrategie. Wenn Volkswirtschaften wachsen, steigt deren Bedarf an US-Dollar – was den Dollar weiter aufwertet. Trumps Berater Miran möchte den Dollar in 2 Phasen steuern:
- Zunächst aufwerten – um mögliche Inflationseffekte durch erhobene Zölle zu dämpfen
- Dann gezielt abwerten – um US-Exporte zu fördern
Beispielhafte Rechnung:
Eine Flasche Rotwein kostet 10 €. Bei einem Wechselkurs von 1:1 ergibt das 10 USD.
Wird ein 10 %-Zoll eingeführt, müsste ein stärkerer Dollar diesen Preisanstieg kompensieren:
Preis für eine Flasche Rotwein | Wechselkurs (€/$) | Preis für eine Flasche Rotwein |
---|---|---|
11 € | 1,0 € = 0,9 $ | 10 US-Dollar |
Erst wenn gestiegene Zolleinnahmen geringere Steuereinnahmen zulassen, kann eine Schwächung des US-Dollars erfolgen, um Importe zu verringern und Exporte zu steigern.
Zinsen und Refinanzierung: ein politischer Konflikt
Ein schwächerer Dollar kann durch sinkende US-Zinsen oder durch Zinserhöhungen und Aufwertungen anderer Währungen erreicht werden. Doch genau hier beginnt der Konflikt:
- Trump fordert Zinssenkungen – um die enormen Staatsschulden günstiger zu refinanzieren
- Fed-Präsident Powell zögert – und macht Zinssenkungen vom Ausgang des Zoll-Experiments und den möglichen Folgen für die US-Inflation abhängig
2025 stehen über 7 Bill. USD an Refinanzierungen an, 2026 sogar rund 9 Bill. Bestehende Anleihen werden zurückbezahlt, neue Anleihen werden begeben. Ein massiver Druck auf Zinssenkungen ist vorprogrammiert.
Renditen ausgewählter Anleihen
10-jährige Bundesanleihen | Rendite p. a. | Differenz zu US-Zins |
---|---|---|
USA | 4,31 % | - |
Großbritannien | 4,51 % | +0,20 % |
Deutschland | 2,51 % | -1,80 % |
Japan | 1,25 % | -3,06 % |
Schweiz | 0,28 % | -4,03 % |
Was bedeutet das Zoll-Experiment für Anleger?
Phasen politischer Unruhe bieten oft Chancen für den Vermögensauf- und -ausbau. Warren Buffett brachte es auf den Punkt: „Unsicherheit ist der Freund von Langfristinvestoren“:
- Anleger sollten die momentane Unsicherheit nicht als Risiko, sondern als Einstiegsmöglichkeit betrachten – gerade für langfristig ausgerichtete Strategien.
- Sie sollten sich nicht auf kurzfristige Markteinschätzungen verlassen und konsequent an ihrer Anlagestrategie festhalten.
Befinden sich Schlaglöcher in der Börsenstraße, steigt man nicht aus. Man schnallt sich an!
Ein Beispiel für Wertverschiebungen unterschiedlicher Anlageklassen durch Wechselkursveränderungen ist der jüngste Anstieg des Goldpreises. In den ersten 100 Tagen der Trump-Administration ist der Goldpreis, in US-Dollar gerechnet, um 22 % gestiegen. In Euro ist lediglich ein Plus von 11 % zu verzeichnen.
Wohl dem, der sein Vermögen in unterschiedliche Anlageklassen und verschiedene Währungen breit gestreut hat.
Fazit: strategisches Handeln zahlt sich aus
Die Geschichte zeigt: Wer in unsicheren Zeiten einmalig oder schrittweise in breit gestreuten Aktienfonds investierte – ob Finanzkrise 2008 / 2009, Brexit 2016 oder Covid-Crash 2020 – wurde oft mit überdurchschnittlichen Renditen belohnt. Besonders fondsgebundene Rentenversicherungen können in solchen Phasen Dank ihrer langfristig disziplinierenden Wirkung Orientierung und Struktur bieten. Halten Sie insbesondere in schwankungsreichen Börsenphasen Zeiten engen Kontakt zu Ihren Kunden:
- Erinnern Sie Ihre Kunden an deren persönliche Finanzziele.
- Nutzen Sie Marktvolatilität für antizyklische Investitionen.
- Bleiben Sie im Dialog – regelmäßige Beratung schafft Vertrauen und Handlungsfähigkeit.
Merksatz für Kundengespräche: „Wenn wir später in Rente sind, hilft uns niemand, wenn wir sagen: Wir konnten damals nicht vorsorgen, weil Trump Zölle liebte.“ Oder, wie es der Bankier Carl Mayer von Rothschild formulierte: „Aktien soll man verkaufen, wenn die Violinen spielen und kaufen, wenn die Kanonen donnern!“ – Hoffen wir, dass es nur die zollpolitischen bleiben.
Quellen
1 Roll Call Factba.se – Full-Page Ad: Donald Trump – Letter on Foreign Policy – September 2, 1987 Donald Trump spends $94,000 on ads condemning U.S. foreign policy (September 2, 1987)
2 638199_A_Users_Guide_to_Restructuring_the_Global_Trading_System.pdf „Handlungsanweisung für die Restrukturierung des Welthandels“
3 USA – Staatseinnahmen und Staatsausgaben bis 2029| Statista ; USA – Einkünfte aus Strafzöllen im Importhandel bis 2025| Statista