Achtung Kaltakquise: Was darf ich eigentlich „noch“?

Aus der Haufe Redaktion

Sie wollen mit potenziellen Neukunden per Telefon in Kontakt treten? Dann sollten Sie den eng gesteckten Rechtsrahmen beachten, um keine empfindlichen Geldbußen wegen unerlaubter Werbung oder zumindest eine Abmahnung zu riskieren. Für Verbraucher und Firmenkunden gelten dabei unterschiedliche Regeln, die wir Ihnen in unserem heutigen Artikel erklären wollen.

Unerlaubte Werbeanrufe stellen „weiterhin ein erhebliches Problem dar“, hebt die Bundesnetzagentur in ihrem Jahresbericht 2020 hervor. Die Zahl der Beschwerdeeingänge erreichte 2020 ein neues Rekordniveau von fast 63.000. Top-Reklamationsthema waren Anrufe zu Versicherungs- und Finanzprodukten1.

Doch was heißt eigentlich unerlaubt? Hierzu muss man grundsätzlich zwischen Verbrauchern und Unternehmen unterscheiden.

Wann Verbraucher angerufen werden dürfen

Die schlechte Nachricht gleich vorweg: Kaltakquise bei Privatkunden ist de facto kaum noch zulässig. Denn nach § 7 UWG ist eine „unzumutbare Belästigung“ immer anzunehmen „bei Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung“.

Hinweis: Der Begriff „Werbung“ ist hier übrigens sehr weit gefasst. Laut Bundesgerichtshof (Urteil vom 12. September 2013, I ZR 208/12) umfasst Werbung „nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind.“

Eine ausdrückliche Einwilligung ist laut Bundesnetzagentur aber nur dann gegeben, „wenn der Verbraucher schriftlich oder mündlich zum Ausdruck gebracht hat, dass er mit einem werblichen Anruf einverstanden ist.“

Diese Einwilligung muss bereits vor dem Anruf vorliegen und darf nicht erst zu Beginn des Gesprächs eingeholt werden – und das ist in der Praxis bei Neukunden ja kaum umsetzbar.

Dies gilt bei Gewerbekunden

Bei Firmenkunden sind die Hürden nicht ganz so hoch – hier reicht bereits eine sogenannte „mutmaßliche“ Einwilligung für eine telefonische Kontaktaufnahme aus.

Aber Vorsicht: Nach Aussage der Wettbewerbszentrale ist ein bloß allgemeiner Sachbezug zum Geschäftsbetrieb des Anzurufenden nicht ausreichend. „Die Annahme, jemand der einen Betrieb führt, habe doch sicher auch Interesse an einer Betriebs-Haftpflichtversicherung ist jedoch nicht ausreichend.“2, so Peter Breun-Goerke, Syndikusrechtsanwalt bei der Wettbewerbszentrale.

Vielmehr ist eine mutmaßliche Einwilligung erst dann gegeben, „wenn aufgrund konkreter tatsächlicher Umstände ein sachliches Interesse des Anzurufenden an der Telefonwerbung vermutet werden kann.“3

Einen Freibrief für Kaltakquise bei Gewerbekunden gibt es also nicht – Gerichte legen die Anforderungen an eine mutmaßliche Einwilligung sehr streng aus. Im Zweifelsfall sollten Sie einen Rechtsbeistand zu Rate ziehen, um den Sachverhalt eindeutig aufzuklären.

Hohes Kostenrisiko

Erfolgt nach einer „unzumutbaren Belästigung“ eine Meldung an die zuständige Bundesnetzagentur, so kann diese ein Bußgeld von bis zu 300.000 Euro verhängen.

Aber auch wenn die Bundesnetzagentur nicht eingeschaltet wird, kann es teuer werden. Denn ein betroffener Verbraucher – oder auch ein Wettbewerber – kann Sie wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens abmahnen, eine einstweilige Verfügung erwirken und/oder Sie auch verklagen. Das Kostenrisiko liegt dann schnell bei mehreren Tausend Euro.

Vorsicht auch bei Bestandskunden

Übrigens: Serviceanrufe bei Bestandskunden fallen ebenfalls unter „Telefonwerbung“ und bedürfen einer vorherigen ausdrücklichen Einwilligung. Hierzu zählen nach Ansicht des OLG Düsseldorf bereits Kundenzufriedenheitsanfragen.

Als weiteres Beispiel für unerlaubte Werbung führt das Gericht an: Im Rahmen eines bestehenden Vertragsverhältnisses wird die Erweiterung der Vertragsbeziehung angestrebt – sei es „die Versicherung eines weiteren Risikos oder die Erhöhung der Versicherungssumme“ (Urteil vom 19.9.2019, 15 U 37/19).

Praxistipp: Holen Sie sich von Interessenten, Neu- und auch Bestandskunden stets eine unterschriebene Einwilligungserklärung zur – spartenübergreifenden – (Telefon-) Werbung ein. Die Erklärung sollte die konkreten Werbemaßnahmen benennen und einen Hinweis auf die jederzeitige Widerrufbarkeit enthalten.

Weitere rechtliche Fallstricke bei Telefonwerbung

Darüber hinaus müssen Sie beachten: Egal ob Sie Verbraucher oder Firmen zu Werbezwecken anrufen – die Rufnummer muss stets angezeigt werden und darf nicht unterdrückt sein (§ 102 TKG).

Zudem müssen Sie die datenschutzrechtlichen Vorgaben für den Umgang mit personenbezogenen Daten einhalten.

Eine ausdrückliche Einwilligung müssen Sie übrigens nicht nur vor einem Telefonanruf einholen. Dies gilt vielmehr für alle für den Fernabsatz geeigneten Kommunikationsmittel, wozu neben dem Fax etwa auch Newsletter und E-Mail gehören. Welche rechtlichen Hürden in diesen Fällen zu beachten sind, darum geht es in einem weiteren Artikel.


1 https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/20210113_UnerlaubteTelefonwerbung.html?nn=265778, abgerufen am 8.7.2021

2 https://www.procontra-online.de/artikel/date/2017/07/kaltakquise-ein-weit-verbreitetes-geruecht/, abgerufen am 15.6.2021

3 https://www.wettbewerbszentrale.de/de/branchen/direktmarketing/ueberblick/, abgerufen am 8.7.2021

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