Warum Kunden gezielt in Vermögen und weniger in Verbindlichkeiten investieren sollten

Gastbeitrag von Dr. Klaus Mühlbauer

Der Unterschied zwischen Vermögen und Verbindlichkeiten scheint auf den ersten Blick ziemlich einfach: Gehört mir etwas oder habe ich einen „Berg von Schulden“? Gehe ich bei meiner Bank also in die Festgeld- oder in die Kreditabteilung? In unserer neuen „Strafzins-Welt“ scheint diese Art der Abgrenzung aber überholt. Schließlich wird Vermögen in Form von Bankguthaben gezielt bestraft – die Europäische Zentralbank möchte durch Negativzins mit aller Macht die Konjunktur ankurbeln. Warum kann es sich trotzdem lohnen, wenn wir gezielt in Vermögen und weniger in Verbindlichkeiten investieren? Darüber hat sich Dr. Klaus Mühlbauer, Referent für Kapitalmarktseminare, Gedanken gemacht.


Dr. Klaus Mühlbauer ist Kapitalmarktexperte mit langjähriger Börsen- und Vertriebserfahrung. Seit 2013 ist er als selbstständiger Unternehmensberater, Buchautor und Referent für Kapitalmarktseminare tätig. In unserem Online-Magazin beleuchtet er den Finanzmarkt und teilt sein Investment-Know-how.

 

 

 

 

 

Soll- oder Haben-Zinsen: Das müssen Sie wissen

Den Unterschied zwischen Vermögen und Verbindlichkeiten konnte man früher leicht an den zu- und abfließenden Zinsen erkennen:

Spätestens seit immer mehr Banken Strafzinsen wie Guthabengebühren oder Verwahrentgelte fordern, ist diese einfache Abgrenzung förmlich auf den Kopf gestellt. Wir müssen zwar für Verbindlichkeiten nach wie vor Soll-Zinsen zahlen, wenn auch geringe. Für unser Guthaben auf Tagesgeld- oder Festgeldkonten erhalten wir aber keine Haben-Zinsen mehr – im Gegenteil, wir müssen auch dafür Zinsen bezahlen.

Schon lange bevor die „Strafzins-Welt“ für uns Anleger Wirklichkeit wurde, hat Robert Kiyosaki, hauptsächlich bekannt durch sein Buch „Rich Dad, Poor Dad“, zu Folgendem angeregt: Wir brauchen eigene, auf Zahlungsströmen basierende Definitionen von Vermögen und Verbindlichkeiten. Demnach gehört alles, was Geld kostet zu den Verbindlichkeiten. Und zu den Vermögenswerten zählt alles, für das man sofort Erträge verbuchen kann.

VermögenVerbindlichkeiten
aktueller Mittelzuflussaktueller Mittelabfluss
VermögenVerbindlichkeit
-Kauf Oldtimer
-Unterhalt Oldtimer
Verkauf Oldtimer-

Erwirbt man mit einer eigengenutzten Immobilie eine sehr langfristige Verbindlichkeit: Dann lohnt es sich umso mehr, wenn man sein Vermögen gut gestreut investiert.

Zahlungsströme: Darauf sollten Sie achten

Die ausschließliche Betrachtung von Stromgrößen ändert den Blickwinkel auf Vermögenswerte. Bis vor wenigen Jahren war das eher eine theoretische Gedankenübung. In der heutigen Welt voller „Strafzins-Opfer“ ist diese Betrachtungsweise aber enorm wichtig!

Mit Eigenkapital erworbene Sachwerte wie Aktienfonds sind und bleiben Vermögenswerte. Schließlich erzielen Aktionäre eventuell Gewinne mit den Dividenden. Auch in Policen gehaltene Anteile an Aktienfonds können dem Vermögen zugeordnet werden, auch wenn man die Dividenden nicht sofort auf dem Girokonto sieht. Der Grund: Durch die erzielten Dividenden wächst das Fondsvermögen – und damit eben auch das Guthaben des versicherten Kunden in seinem Vertrag.

In der Rente fließen aus Fondspolicen regelmäßige Zahlungen. Damit sind Fondspolicen in der An- und auch in der Entsparphase eindeutig Vermögenswerte. Übrigens genauso wie der geliebte Oldtimer beim Verkauf.

Vermögen und Verbindlichkeiten: Diese Zusammenhänge sollten Sie kennen

Aktuelle Verbindlichkeiten (wie der Oldtimer) müssen vom Vermögen (beispielsweise Gewinne durch Wertpapiere) subventioniert werden. Ihre Kunden sollten daher vor dem Kauf prüfen, ob sie sich Vermögen oder Verbindlichkeiten anschaffen. Außerdem müssen sie beachten, wie und vor allem wie lange sie eine eventuelle Verbindlichkeit durch Zahlungsströme aus Vermögen finanzieren wollen und können.

Tipp: Machen Sie Ihre Kunden darauf aufmerksam, dass sie in Verbindlichkeiten bewusst und in Vermögenswerte gezielt investieren!

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